(Un)limited artistic resource
die Ergebnisse der Umfrage
©In SILo Mag, 2024
Illustrationen: Maria Safronova Wahlström
Im Frühjahr 2023 startete AIR InSILo eine Umfrage unter Künstler:innen, um den Open Call 2023/24 '(Un)limited Artistic Resource' in Bezug auf das Einkommen und die Arbeitsbedingungen von Künstler:innen zu kontextualisieren. Die globale COVID-19-Pandemie, ein umfassender Krieg in Europa und eine verheerende Naturkatastrophe in Syrien und der Türkei waren nur einige Beispiele, die die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen im Allgemeinen und von Künstler:innen und Kulturschaffenden im Besonderen in den letzten Jahren erheblich verschärft haben. Mit Stand vom Januar 2024 haben sich 181 internationale Künstler:innen freiwillig an der Umfrage beteiligt.
Die wichtigste Resultat dieser Untersuchung ist, dass das durchschnittliche Jahreseinkommen, das Künstler:innen aus ihrer künstlerischen Tätigkeit lukrieren, bei 4.210,- Euro liegt. Mit zusätzlichen und nicht künstlerischen Jobs beträgt das durchschnittliche jährliche Gesamteinkommen von Künstler:innen 10.814,- Euro. Die Voraussetzung des österreichischen Staates zur Gewährung eines Visums, bzw Aufenthaltstitels für freischaffende Künstler:innen aus Drittstaaten ist ein gesichertes Jahreseinkommen von 20.000,- Euro (aus künstlerischer Tätigkeit). Nur 3,9 % unserer Befragten können dieses Kriterium erfüllen.
Den vollständigen Text (auf englisch) finden Sie im InSILo Mag.
Golden Thread von Varvara Sudnik
Zum ersten Mal ermöglicht AIR InSILo eine virtuelle Residency, als Antwort auf die reale Prekarität von Migration, deren bürokratische, eingefrorene Dauer nicht nur die Bewegungsfreiheit von migantischen Künstler:innen einschränkt, sondern auch deren kreative Produktivität verlangsamt.
Varvara Sudnik (geb. 2001 in Weißrussland) wird während ihrer virtuellen Residenz die Zusammenhänge von Armut, prekärer künstlerischer Arbeit und familiären Bindungen untersuchen. In künstlerischen Projekten ist häufig von "Familie" die Rede, um Erinnerung und Herkunft, wobei allerdings die Familien der Künstler:innen nicht einbezogen werden. Residencies und Projekte lassen meist nur "Kollektive" oder "Duos" zu, die den Interessen der Institution dienen und deren Produktion steigern. Förederungen fokussieren auf soziale Ungleichheiten und kulturellen Austausch, bieten aber nicht genügend Mittel für die Grundbedürfnisse von Künstler:innen. Künstler:innen sind verletzlich und (vor allem bei migrantischem Hintergrund) aufgrund ihrer ständigen Ortswechsel nicht in der Lage, dauerhafte Beziehungen aufzubauen. Kunstinstitutionen bieten minimale Entschädigungen, nehmen aber keine Familienmitglieder auf und verlangen schnelle Ergebnisse. In Gesprächen mit Kolleg:innen und Freunden wird deutlich, wie knapp die Mittel sind und wie groß der Wunsch ist, Grundbedürfnisse zu erfüllen. Während der Residency möchte sich Varvara der Erfahrung von Prekarität und den Strategien für eine Ausgewogenheit und den Wert von häuslichen Pflichten, Familie und Freundschaften beschreiben. Sie sucht nach Stabilität und Tiefe und bleibt dabei verletzlich. Andererseits möchte sie das Potenzial für Veränderung erforschen und die derzeitige Ordnung stören, in der Künstler:innen permanent unterbezahlt sind und dennoch von ihnen erwartet wird, dass sie die Gesellschaft umgestalten.
Protestpilze von Krzysztof Wronski
Wir begrüßen Krzysztof Wronski, der mit seinem neuen Projekt "Protestpilze" in AIR InSILo zurückgekehrt ist. Protestpilze ist eine Klanginstallation im Freien, die aus einer Reihe von pilzförmigen Skulpturen auf dem Waldboden erklingt. Ausgehend von der Beobachtung, dass die Gegend um Hollabrunn, Österreich, mit immer mehr Einkaufszentren bebaut wird, lenken die Pilze die Aufmerksamkeit auf fahrlässige Praktiken der Landnutzung, die kurzfristige, auf den Menschen ausgerichtete Wünsche den langfristigen Bedürfnissen des Ökosystems vorziehen. Wenn offenes Land zum ersten Mal betoniert wird, wird der Boden „versiegelt“ und vielen Lebewesen die Möglichkeit genommen, das Land als Lebensraum zu nutzen. Dieser Prozess kann bis zu 10.000 Jahre unumkehrbar sein, und Studien zeigen, dass Österreich im Vergleich zum EU-Durchschnitt fast doppelt so viel Boden pro Jahr versiegelt (bereinigt um die Bevölkerungszahl). Als Reaktion auf das Leid, das dadurch nicht-menschlichen Lebewesen in Hollabrunn zugefügt wird, werden die Protestpilze an verschiedenen Stellen im Hollabrunner Kirchenwald gepflanzt, einem Erholungswald, den viele Menschen besuchen, um sich zu erholen und die Natur zu genießen. Wenn sich die BesucherInnen durch den Wald bewegen, lösen ihre Bewegungen vertraute und lästige Geräusche aus dem Supermarkt aus, die von den Pilzen als eine Form des Widerstands emittiert werden.