Das Forschungs-programm

Das Forschungsprogramm von AIR InSilo konzentriert sich auf die Arbeit mit dem lokalen Kontext. Es dient als Modell und sucht nach neuen Methoden kritischer Arbeit mit dem Konzept eines „Nicht-Ortes“. Dieses Konzept manifestiert sich hier in Hollabrunn als Beispiel einer typischen europäischen Kleinstadt ohne hervorstechende historische, kulturelle und politische Merkmale. Das „Besondere“ an diesen Orten ist ihre Unsichtbarkeit. Das wirtschaftliche, politische und kulturelle Leben offenbart sich hier nicht explizit. Es kann schwierig und widersprüchlich sein, verborgene Konflikte und Auseinandersetzungen aufzurollen und zu thematisieren, die unter der vertrauten Oberfläche des Alltags verborgen sind. Ziel des Programms ist es, eine Forschungsplattform (sowohl in Form eines realen Ortes, als auch einer digitalen Domäne) zu schaffen, als Modell für Methoden der künstlerischen Forschung, die auch auf andere Gebiete und Orte angewendet werden können. Der künstlerische Forschungsprozess basiert auf Prinzipien des Lokalismus und zielt darauf ab, eine kritische Landkarte („critical map“) zu erstellen, die alle Bereiche – Topographie, Ökologie, wirtschaftliche Aufteilung, Ge/Schichte(n), Interessengruppen, demographische Struktur, kulturelle Einflüsse – berücksichtigt. Dieser Ansatz scheint wichtig zu sein, da die städtische Umwelt nicht repräsentativ für das erschöpfende Verständnis der sozialen Dynamik ist. In den Stadtgebieten gibt es Hauptquartiere, aber repräsentative Outlets tatsächlicher Prozesse sind in merkwürdige „Nicht-Orte“ eingebettet, die als Peripherie bezeichnet werden und in denen der kulturellen und politischen Subjektivität beraubte Individuen Gefahr laufen, in affirmativen, konservativen und populistischen Überlegungen gefangen zu sein. Um das eigene Denken zu dekolonisieren, zielen die künstlerischen Bemühungen darauf ab, das veraltete hierarchische Konzept neu zu kontextualisieren und Vorschläge zu einem dezentralen lokalen kulturellen Knoten zu machen, der in einer horizontalen Ebene gegenüber ähnlichen Einheiten des Netzwerks existiert.

2021-2022
(Un)limited artistic resource
die Ergebnisse der Umfrage
1.03.2024
©In SILo Mag, 2024
Illustrationen: Maria Safronova Wahlström

Im Frühjahr 2023 startete AIR InSILo eine Umfrage unter Künstler:innen, um den Open Call 2023/24 '(Un)limited Artistic Resource' in Bezug auf das Einkommen und die Arbeitsbedingungen von Künstler:innen zu kontextualisieren. Die globale COVID-19-Pandemie, ein umfassender Krieg in Europa und eine verheerende Naturkatastrophe in Syrien und der Türkei waren nur einige Beispiele, die die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen im Allgemeinen und von Künstler:innen und Kulturschaffenden im Besonderen in den letzten Jahren erheblich verschärft haben. Mit Stand vom Januar 2024 haben sich 181 internationale Künstler:innen freiwillig an der Umfrage beteiligt.
Die wichtigste Resultat dieser Untersuchung ist, dass das durchschnittliche Jahreseinkommen, das Künstler:innen aus ihrer künstlerischen Tätigkeit lukrieren, bei 4.210,- Euro liegt. Mit zusätzlichen und nicht künstlerischen Jobs beträgt das durchschnittliche jährliche Gesamteinkommen von Künstler:innen 10.814,- Euro. Die Voraussetzung des österreichischen Staates zur Gewährung eines Visums, bzw Aufenthaltstitels für freischaffende Künstler:innen aus Drittstaaten ist ein gesichertes Jahreseinkommen von 20.000,- Euro (aus künstlerischer Tätigkeit). Nur 3,9 % unserer Befragten können dieses Kriterium erfüllen.

Den vollständigen Text (auf englisch) finden Sie im InSILo Mag.
Golden Thread von Varvara Sudnik
Zum ersten Mal ermöglicht AIR InSILo eine virtuelle Residency, als Antwort auf die reale Prekarität von Migration, deren bürokratische, eingefrorene Dauer nicht nur die Bewegungsfreiheit von migantischen Künstler:innen einschränkt, sondern auch deren kreative Produktivität verlangsamt.
Varvara Sudnik (geb. 2001 in Weißrussland) wird während ihrer virtuellen Residenz die Zusammenhänge von Armut, prekärer künstlerischer Arbeit und familiären Bindungen untersuchen. In künstlerischen Projekten ist häufig von "Familie" die Rede, um Erinnerung und Herkunft, wobei allerdings die Familien der Künstler:innen nicht einbezogen werden. Residencies und Projekte lassen meist nur "Kollektive" oder "Duos" zu, die den Interessen der Institution dienen und deren Produktion steigern. Förederungen fokussieren auf soziale Ungleichheiten und kulturellen Austausch, bieten aber nicht genügend Mittel für die Grundbedürfnisse von Künstler:innen. Künstler:innen sind verletzlich und (vor allem bei migrantischem Hintergrund) aufgrund ihrer ständigen Ortswechsel nicht in der Lage, dauerhafte Beziehungen aufzubauen. Kunstinstitutionen bieten minimale Entschädigungen, nehmen aber keine Familienmitglieder auf und verlangen schnelle Ergebnisse. In Gesprächen mit Kolleg:innen und Freunden wird deutlich, wie knapp die Mittel sind und wie groß der Wunsch ist, Grundbedürfnisse zu erfüllen. Während der Residency möchte sich Varvara der Erfahrung von Prekarität und den Strategien für eine Ausgewogenheit und den Wert von häuslichen Pflichten, Familie und Freundschaften beschreiben. Sie sucht nach Stabilität und Tiefe und bleibt dabei verletzlich. Andererseits möchte sie das Potenzial für Veränderung erforschen und die derzeitige Ordnung stören, in der Künstler:innen permanent unterbezahlt sind und dennoch von ihnen erwartet wird, dass sie die Gesellschaft umgestalten.
19.02-18.03.2024
Mosaik am Apparat:
"Ich fühle mich tot, bitte belebe mich"
Abbildung: © Gaurav Talekar

Von den beiden Workshops und kollektiven Interventionen zu den rassistischen Bildern des Mosaik-Wandbildes im Bremer Hauptbahnhof ausgehend, die unter dem Titel "Beyond Undoing a Rediscovery" stattfanden, verwandelte Aria Farajnezhad mit Unterstützung von AIR InSILo fünf der rekonfigurierten Mosaikteile des Bildesin ihr ursprüngliches Material zurück, nämlich Keramik. Farajnezhad nutzt die Zeit der Residency, um einen Workshop und eine Performance rund um diese Keramiken zu entwickeln und sie in den öffentlichen Raum der Stadt zu tragen, wo er sich mit lokalen Künstler:innen/ Aktivist:innen/ Schauspieler:innen trifft, um über Arbeitsbedingungen, Formen der Produktion von Arbeiten mit minderwertigem Material und Rezepte für Kollektivität zu sprechen.

19.09-16.10.2023
Projekt von Emirhan Akin
9.10-16.11.2023
Arbeit, Erschöpfung und der Schrägstrich zwischen Prekariat/Künstler - indem Emirhan Akin diese Begriffe neu denkt, gräbt er das Wissen aus, das er durch seinen Job als Reinigungskraft in seinen Körper eingeschrieben und gespeichert hat. Einerseits benötigt er den Job um seine künstlerische Praxis aufrechterhalten zu können, andererseits hilft er ihm, Parallelen zwischen seinen Long-Durational Performances (also Kunst) und dem Wort Reinigung (und seinen politischen, historischen und gesellschaftlichen Konnotationen) ziehen. Um diese Arbeit, die üblicherweise Migrant:innen ausüben, und ihre Ökonomie der Erschöpfung, die sich im Muskelgedächtnis ansammelt zu sezieren, plant er, sich in Bezug auf Material und Medium auf die Unsichtbarkeit (sowohl der Reinigungskraft als auch des Endprodukts) zu konzentrieren. Aus diesem Grund ist er an Sound interessiert, seien es Field-Recordings von Nicht-Räumen (Bereiche, die übersehen werden, vernachlässigt sind, einen Übergangscharakter haben oder nicht für menschliche Interaktion ausgelegt sind) oder Transkriptionen von Gesprächen während einer Begegnung (mit Menschen und Nicht-Menschen) (nicht festgelegt/könnte sich potenziell ändern). Indem er die architektonische Herangehensweise an die Nicht-Räume der Stadt und der Residency erforscht, greift er mit Klangexperimenten in diese undefinierten Bereiche ein.

Kada rad radi?
Jovana Blagojević und ihr Projekt für AIR InSILo befassen sich mit den Wertvorstellungen rund um die Arbeit. Wann ist Arbeit wertvoll und sinnvoll, und wann wird sie zu sinnloser, überschießender und ausgeklügelter Sklaverei? Darüber hinaus erforscht sie die Tugenden der Muße, die wir als Freizeit interpretieren - eine (Aus-)Zeit, die dem Leben Qualität verleihen soll - und in der wir die Gründe und Motivationen, warum wir was tun, neu bewerten können. Während ihres Aufenthalts bei AIR InSILo wird Jovana ihre Forschungen zu den "Kreuzwörtern" fortsetzen. Darunter versteht sie die Schnittstellen zwischen den Gedanken und Stehsätzen rund um Arbeit, mit denen wir aufgewachsen sind und die unsere Wertvorstellungen von Arbeit und unser Bedürfnis, etwas zu schaffen, prägen, und denjenigen, die uns einschränken und in einem sinnlosen Workaholic-Zustand halten. Die Recherche dazu wird einerseits durch Lektüre und andererseits durch Interviews mit hier ansässigen Menschen zu diesem Thema durchgeführt. Die Ergebnisse werden dann in Form eines "Kreuzworträtsels" dargestellt - in Form einer physischen Fahne mit ausgewählten und aufgenähten Schlüsselwörtern und Begriffen zur Arbeit.
12.02-18.03.2024
Art apparatus and the technology
of a (fruit fly) encounter
17.02.2023
Im Februar und März 2023 wird Tatiana Istomina an ihrem Projekt „Art apparatus and the technology of a (fruit fly) encounter“ arbeiten. Tatiana möchte den Technologiebegriff neu definieren, erweitern und intensivieren und ihn auf die Praxis des Kunstschaffens anwenden. In diesem Zusammenhang sind Kunstwerke als physische Apparate zu verstehen, die Begegnungen zwischen Menschen und der Welt vermitteln, um spezifische Versionen der Realität zu generieren. Ihr Projekt nutzt Erkenntnisse aus der experimentellen Physik und den Biowissenschaften, um einen theoretischen Rahmen und ein physikalisches Modell eines Kunstapparats zu entwickeln: ein skulpturales/bildhaftes Gerät, das die Grenze zwischen den Begriffen des Mechanismus und des lebenden Organismus abbildet. Während der Residency konzentriert sich Tatiana auf die Praktiken der Handstickerei und die Aufzucht von Fruchtfliegen (Drosophila). Die Drosophila-Forschung ist das Rückgrat aller zeitgenössischen genetischen und biologischen Wissenschaften, aber sie beinhaltet ethische und philosophische Probleme, die weitgehend ignoriert werden. Tatianas Arbeit wird einige dieser Probleme berühren, darunter das Bewusstsein der Fliege, die Machtdynamik zwischen Fliegen und Menschen, das Ausmaß des freien Willens, den beide Arten besitzen, und die Bedingungen und Grenzen des menschlichen Wissens über die belebte Natur.
Umfrage: (Un)limited artistic resource
10.03.2023
Die globale COVID-19-Pandemie, ein umfassender Krieg auf europäischem Territorium und eine verheerende Naturkatastrophe in Syrien und der Türkei – sind nur einige Beispiele, die die Lebens- und Arbeitsunsicherheit von Menschen im Allgemeinen und Künstler:innen/ Kulturschaffenden im speziellen erheblich verschärft haben, insbesondere in den letzten Jahren. Die Bedingungen der künstlerischen Arbeit lassen sich mit dem Begriff „Prekariat“ beschreiben, also einer neu gebildeten Klasse, deren Kennzeichen fehlende Arbeitsplatzsicherheit, kontinuierliche Arbeitssuche (im Schnitt bewirbt sich eine Künstler:in bei 50-70 offenen Ausschreibungen und investiert ca 300 unbezahlte Arbeitsstunden jährlich in diese Bewerbungen) und deren Finanzierung sind. Der Begriff der künstlerischen Kreativität wird weiterhin romantisiert, um das Streben der Produzierenden nach Ruhm und Erfolg auszunutzen. Es führt zu den tragischen Geschichten von Selbst-ausbeutung, Burnout und massiver Ungleichheit in der Kunstszene, wo nur 1-3 % der erfolgreichen Künstler:innen mehr als 50 % der am gesamten Kunstmarkt lukrierten Gewinne erhalten. AIR InSILo zielt darauf ab, einen Raum für (Selbst-)Reflexion von Künstler:innen zu schaffen, die in einer neoliberalen Zeitgenossenschaft arbeiten. Was ist wichtiger: die Zeit, die aufgewendet wird, um die künstlerische Arbeit zu meistern, oder die Zeit, die zum Ausfüllen der Formulare zu Ausschreibungen aufgewendet wird; der ethische Umgang mit Materialien oder der Glaube an die dominierende Bedeutung des künstlerischen Ausdrucks; eine Arbeit für den eigenen Namen/ Marke oder Arbeit im Kollektiv? Das Ergebnis des Open Calls „(Un)limited artistic ressource“ soll zu einer Reihe theoretischer und praktischer künstlerischer Reflexionen in Form von Texten, Interviews, Videoarbeiten, Offenen Atelier Präsentationen und öffentlichen Interventionen führen.
Implicit Basis

Eine Residency aus dem Hilfsprogramm von AIR InSILo für Olexander Sirous, Danylo Siabro und Dmytro Tentiuk zur Entwicklung der Medieninstallation „Implicit Basis“, die menschliche Interaktion mit dem globalen Ökosystem in den verschränkten Ebenen der physischen und digitalen Welt thematisiert. April - Juni 2023 (unterstützt von BMKOES Ukraine-Hilfe und Artists at Risk (AR).
Die Künstler konzentrieren sich auf die Themen der menschlichen Interaktion mit dem globalen Ökosystem auf den Ebenen der physischen und digitalen Welt. Bei dem Versuch, die Besonderheiten der Entstehung von Biodiversität zu verstehen, stießen sie auf das Prinzip der Analyse von Phänomenen aus der Sicht der Chaostheorie, einem angewandten mathematischen Werkzeug für eine Reihe wissenschaftlicher Disziplinen.
Indem sie Strukturaspekte wie Fluktuationen, Bifurkationspunkte, nichtlineare Prozesse ins Rampenlicht rücken, schaffen sie einen digitalen Prototypen eines pflanzlichen Organismus, der sich in direktem Zusammenhang mit den Phänomenen des Mikro- und Makrokosmos entwickelt.
Traditionelle Interpretationen betrachten verschiedene Phänomene unserer Welt – von sozialen bis natürlichen – als diskrete, geschlossene Strukturen. Gleichzeitig sprechen die Schlussfolgerungen der
modernen Wissenschaft zunehmend über diese Phänomene, nicht nur als integralen, miteinander verbundenen Prozess, sondern auch über gemeinsame Prinzipien ihrer Strukturen.
01.04 -30.06.2023
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Tageslicht- Computer von Başak Tuna
Illustration: © Başak Tuna, 2021, Folding Screens. Kaputte Computerbildschirme, Metallrahmen.

"Wie lang ist der Tageszyklus eines Computers?"

Für die Residency bei AIR InSILo wird Başak Tuna ihr Projekt "DayLight Computer" weiterentwickeln. Der "Tageslicht-Computer" ist ein Monitor, der, vor ein Fenster montiert, ausschließlich mit Sonnenlicht funktioniert, statt mit elektrischem Strom. Mit anderen Worten: ein Bildschirm, der sich nachts weigert zu arbeiten. Rein technisch gesehen benötigt ein Computerbildschirm die LEDs in seinem Inneren nicht, um zu funktionieren. Die Künstlerin entfernt die LEDs aus dem Gehäuse und öffnet dahinter ein weiteres - reales und metaphorisches - Fenster. Die einzige Lichtquelle des Bildschirms ist jetzt das Umgebungs- oder Tageslicht.
Am Ende der dreiwöchigen Residency wird Başak die Realisierung eines Arrangements von widerständigen Computerbildschirmen abgeschlossen haben.
23.01.-15.02.2023
Autonome Bäume von Krzysztof Wronski
23-30.01.2023
Workshop
"Tree Centered Design" mit Krzysztof Wronski
Der Workshop TREE CENTERED DESIGN (baumzentriertes Design) lädt Menschen ein, gemeinsam zu erkunden, wie Gestaltungs- oder Innovationsprozesse aussehen könnten, wenn sie sich auf die Bedürfnisse von Bäumen (oder anderen Lebensformen) und nicht auf Menschen konzentrieren. Der Workshop ist Teil eines größeren Projekts namens "Autonomous Tree" (Autonome Bäume), dessen Ziel es ist, sich die Bedeutung der Bedürfnisse eines Baums vorzustellen und menschliche Fähigkeiten zu entwickeln, durch Technologie, Aktivismus und/ oder andere Interventionen diesen Bedürfnissen besser gerecht zu werden. Die Methoden in Bezug auf baumzentriertes Design werden als Teil des Projekts organisch entwickelt und versuchen, die traditionelle Vorstellung zu hinterfragen und neu zu denken, dass Technologie, Innovation und Design in erster Linie dazu dienen, ausschließlich Nutzen für den Menschen zu schaffen.


27.01.2023
Fr 19:00 – 20:30
Galerie grenzART,
Sparkassegasse 1, 2020 Hollabrunn

27.01.2023
"Autonome Bäume" sind lebende Bäume mit verbesserter Handlungsfähigkeit, von technischen Systemen unterstützt, die von Krzysztof Wronski entwickelt werden. Durch Prototypen und Interventionen in ihrer realen Umgebung werden Bäume mit Fähigkeiten ausgestattet, die in erster Linie ihnen selbst und den Beziehungen zwischen Menschen und anderen lebenden Systemen, die mit der Klimakatastrophe zu kämpfen haben, dienen.

Bei dem Projekt wird der Baum als Autorität präsentiert, die ausschließlich den Interessen von nichtmenschlichem Leben dient. Physische Artefakte und Geräte, die mit menschliche Autorität darstellen, werden auf und um einen lokalen Baum installiert, der als temporärer Agent dient. Diese Geräte sind industrielle Komponenten, die in selbstfahrenden Fahrzeugen und anderen Sicherheitsvorrichtungen verwendet werden. Menschen, die sich der Autorität des Baumes aussetzen, können vermittels ihrer Handys mit dem Baum interagieren. Ein spezieller Baum-Chatbot ermöglicht ein Gespräch zwischen Mensch und Baum – bei diesem hören die Besucher:innen die Perspektive des Baums; und erhalten am Ende des Gesprächs eine Bewertung und eine symbolische "Strafe" für den kollektiven Schaden, den sie anderen lebenden Systemen zufügen.
This is Not-a-Game
Den Auftakt der Saison 2022/23 machen David Sypniewski und Magda 'Bronka' Braniewska, die während ihrer Kurzzeit-Residency mit der Arbeit an ihrem Projekt 'This is Not-a-Game' beginnen werden. Die Arbeit ist ein (ironischer) Kommentar zu inkrementellen Spielen und ihrer Symbolik.
Inkrementelle Spiele veranschaulichen perfekt, wie modernes Marketing funktioniert. Basierend auf profundem Wissen über menschliche Verhaltensweisen nutzen diese Spiele biologische Mechanismen (die von der Evolution eigentlich entwickelt wurden, um uns zu helfen zu überleben) für eine andere, eher zynische Sache – die Profitmaximierung durch die Steigerung des impulsiven Belohnungsmechanismus der Spieler:innen. Modernes Marketing nutzt die Neurowissenschaften, um Kaufentscheidungen potentieller Kund:innen zu untersuchen. Die Künstler:innen kehren zu den Wurzeln des ersten Clicker-Spiels zurück und tauchen tief in dessen Dekonstruktion ein; so enthüllen sie, wie der Markt die ursprüngliche Idee zu einer Geldmaschine pervertiert hat. Mit anderen Worten: Sie wollen eine ehrliche Version eines inkrementellen Spiels erschaffen.
24. - 31.08.2022
Olha Pylnyk wird die kommenden drei Monate an ihrem Projekt „Festina Lente“ – (Eile langsam) – arbeiten. Die Künstlerin denkt über die Schnelllebigkeit des Lebens und den zeitgenössischen Konsumzwang nach. Insbesondere im Bereich der Mode drängt dieser Konsument:innen dazu, immer mehr Kleidung zu kaufen und sie nur wenige Male zu tragen. Kleidung erhält so den Status „Wegwerfartikel“. Dieses Modell des schnellen Konsums wirkt sich nachteilig auf die Ökologie des Planeten aus. In ihren Arbeiten konzentriert sich Olga auf das Textilgewebe an sich, um so die Schönheit von Stoffen "von innen" zu zeigen. Sie schlägt der Betrachter:in vor, die Kleidung zu lieben und nicht den Prozess des Kaufens. Diese Geste lenkt die Aufmerksamkeit auf das Problem und schlägt Upcycling als dessen Lösung vor.
1.09. - 30.11.2022

"Festina Lente" von Olha Pylnyk

"ÁNOMOS, oder das gesetzlose Land"
20.09-1.11.2022
Der erste Langzeit-Resident der Saison 2022/23 beginnt mit der Arbeit an seinem Projekt für AIR InSILo. „ÁNOMOS oder das gesetzlose Land“ ist ein multidisziplinäres Forschungsprojekt, das in einem typischen landwirtschaflich genutzen Gebiet Mitteleuropas angesiedelt ist und die ökologischen Auswirkungen des Zerfalls der traditionellen Gesetze imaginiert, die die Verteilung der kulturellen Flächen des Landes an verschiedene Besitzer:innen reglementiert haben. Ausgehend von einem kunstwissenschaftlichen Ansatz und unter Verwendung verschiedener technologischer Werkzeuge entwirft das Projekt eine Fiktion, dass das Gebiet um Hollabrunn nicht von sesshaften menschlichen Gemeinschaften, sondern von Nomad:innen genutzt wird. So kann man sich das Territorium einerseits ohne Siedlungen vorstellen, sich andererseits dadurch aber auch jene „heterotopischen Räume“ vorstellen, die in der heutigen Zeit den gesetzlosen Zustand bestimmter Landstücke veranschaulichen. Fernando Velazco hinterfragt außerdem lokale Legenden udn Sagen, die über die nichtmenschliche Präsenz und ihren Widerstand gegen die anthropogene Domäne erzählen. Das Projekt beleuchtet die Ethik hinter dem Akt der Landaneignung und schlägt eine Reflexion über die konzeptionellen Grundlagen vor, die die Instrumentalisierung nichtmenschlicher Spezies und die zeitgenössischen kollektiven Organisationsformen rechtfertigen.
boundaries of sustain-ability von Jennetta Petch und Szymon Kula

Während ihres Aufenthalts wird das Künstlerduo ihre Forschung über die Grenzen der Nachhaltigkeit der künstlerischen Produktion fortsetzen. Petch und Kula entwickeln ein Projekt weiter, das sie im Winter 2020 in Embrun, einem kleinen Ort in den französischen Alpen, gestartet haben. Sie untersuchen, wie man Materialien angesichts des Chaos der Umweltkrise nachhaltig verwenden und verarbeiten könnte, und wie uns diese Materialien helfen können, in einer chaotischen Welt zu existieren und möglicherweise sogar zu wachsen, und wie die Arbeit an den Objekten ein Gefühl für Zeit- und Raumstruktur vermitteln kann.
9.11-20.12.2021
<Biotope- Metamorphic Symbiosis> von Jungeun Lee
Die Künstlerin der ersten Langzeit-Residency des Jahres 2022 ist Jungeun Lee, die an ihrer Installation Biotope-Metamorphic Symbiosis arbeitet, die die Beziehungen zwischen Mikroorganismen und Menschen visualisiert und sonifiziert. In AIR InSILo plant die Künstlerin, verschiedene Wasserquellen im Raum von Hollabrunn - Teiche, Bäche, Feuchtbiotope zu erforschen, aus ihnen Proben zu entnehmen und damit Ökosphären zu bauen, um dann die Bewegung von Mikroorganismen in Klang umzuwandeln und zu verstärken. Bewegungen von Schnecken, die Moos von den Wänden kratzen, Hydras, die mit langen Tentakeln kopfüber an Pflanzen hängen, und Blutegeln, die nach Nahrung jagen, die größer als ihr Körper ist - all das wird mithilfe von Bewegungssensoren erfasst und durch Verstärker übertragen. Das Projekt stellt sich der Herausforderung, dem Ungehörten und Unsichtbaren auf der Welt eine Stimme zu geben. In einer Zeit, in der unser Planet bedroht ist, stellt die Ökosphäre eine letzte Oase dar. Diese Ökosysteme sind wie Zeitkapseln. Sie sind Ressourcen für Spezies, mit denen wir das Leben auf diesem Planeten teilen. Sie enthalten eine enorme Artenvielfalt und werden von zahlreichen Pflanzen- und Tierarten und verschiedenen Gemeinschaften lebender Mikroorganismen bewohnt.
9-31.01.2022
TIST Collective - Artists-in-Residence
05.-13.03.2022
Im März 2022 ist das Kollektiv der beiden Künstler/ Kurator:innen Yulia Tikhomirova und Michele Liparesi – TIST (This Is So Temporary) aus Bologna, Italien, in AIR InSILo zu Gast. TIST manifestiert sich als Notwendigkeit, einen kreativen, offenen und integrativen künstlerischen Prozess außerhalb von traditionellen, institutionellen und (leider!) kapitalistischen Produktionssystemen zu schaffen.
TIST ist von Künstler:innen organisiert und betrieben und befindet sich in einer alten Fabrikshalle in einer Industriezone am Randeder Stadt. TIST bietet Ateliers für junge Künstler:innen, Ausstellungsfläche, gemeinschaftliche Gärten, Werkstätten und eine Freizeitzone. Das Projekt entstand aus dem Unbehagen mit der kontinuierlichen und stetig größer werdenden Konzentration der Kunstproduktion und -distribution in den Händen weniger Institutionen, die sowohl von öffentlichen als auch von privaten Geldern finanziert werden, und wo in der Praxis dieselbe kleine Gruppe von Menschen entscheidet, was zeitgenössische Kunst sein sollte, und jede Möglichkeit ausschließt zwischen Diskurs, Inhalt und Politik von Kunst zu differenzieren.
Wie die Welt funktioniert
04.10.2021
Wie die Welt funktioniert von Maria Safronova Wahlström und Johannes Wahlström beschreibt die rapide sich verändernde Welt, von der wir und unsere Gesellschaft umgeben sind; und das, was im Zusammenhang mit der Pandemie deutlich ans Licht trat. Wie die Welt funktioniert basiert auf den UN-Nachhaltigkeitszielen 2030 und auf Interviews mit Menschen, die in den betroffenen Bereichen tätig sind. Ihre Antworten bilden die Grundlage für eine Reihe grafischer Arbeiten, die auf spielerische Weise Themen beleuchten, die wir allzu oft als zu kompliziert erachten, um sie zu verstehen. Das Projekt zielt darauf ab, die Recherche zu aktuellen politischen und wirtschaftlichen Fragestellungen mit einer einfachen und spielerischen grafischen Form zu verbinden, die sowohl im Kunstkontext als auch in Schulen ausgestellt und verbreitet werden kann.
Aller Unsinn hebt sich auf
09.10.2021
Während seines Aufenthalts in AIR InSILo arbeitet der eingeladene Künstler und Autor Bernhard Kathan an seinem akustischen Stück „Aller Unsinn hebt sich auf“, das während der Tage der offenen Ateliers vom 16.-17. Oktober präsentiert wird. Das Stück ist Daniel Paul Schreber (1842 - 1911) gewidmet, der dank seines Buches „Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken“ als prominentester Fall in der Geschichte der Psychiatrie gilt. Sigmund Freud, C.G. Jung, Elias Canetti, Jacques Lacan, Gilles Deleuze, Félix Guattari und andere beschäftigten sich mit seiner bizarren Bildsprache.
Üblicherweise denkt man, Ärzte seien darum bemüht, die Kranken zu verstehen. Kathan enthüllt jedoch, dass uns Schrebers Geschichte etwas anderes lehrt: Tatsächlich sind die Kranken angehalten, die behandelnden Ärzte zu verstehen. Und so produzierte denn auch Schreber die von ihm erwarteten Zeichen.
Kathan rekontextualisiert Schrebers Denkwürdigkeiten und enthüllt mit Hilfe von Klang und Grafik Bedeutungen im Chaotischen. Indem er sich weigert, Schreber als „Fall“ anzusehen, weist er darauf hin, dass der Patient, um seinen Ärzten dienlich zu sein, absichtlich alle Anzeichen hervorgebracht hat, die von ihm erwartet wurden.
Scoby Spin Cycle

Die erste Künstlerin des OPEN CALLS von AIR InSILo ist Mary Maggic. Sie arbeitet in der letzten Oktoberwoche am SCOBY SPIN CYCLE. Es ist dies eine post-anthropozentrische performative Kunstinstallation und ein absurdes Maschinenobjekt, das die industrielle Produktion von SCOBY (eine symbiotische Kultur von Bakterien und Hefen) in einem Kombucha-Bioreaktor optimiert. Dieser wird durch die körperliche und anstrengende Arbeit eines menschlichen Subjekts an einem Fitnessgerät in permanenter Rotation gehalten wird. Das Projekt reflektiert die Rolle der Technologie in menschlichen und nicht-menschlichen Beziehungen in der Gewinnung und Ausbeutung von Ressourcen, sowie die menschlichen Wünsche nach Fitness und Körperoptimierung. Können feministische Praktiken von Fürsorge und Wahlverwandtschaft die notwendige Intimität in Beziehungen zwischen verschiedenen Species, die historisch gesehen durch den Kapitalismus voneinander entfremdet wurden, wieder herstellen?
23-31.10.2021