Die Uiguren von Ost-Turkestan
Die Geschichte folgt dem erzählerischen Bogen unseres wachsenden Bewusstseins für Polizeistaat und Siedlerkolonialismus, während wir uns als neugierige Reisende durch die Region bewegen und von naiven Kulturtouristen zu besorgten sino-diasporischen Künstler:innen entwicklen.
Das Projekt beinhaltet unter anderem einen kurzen experimentellen Dokumentarfilm, eine Mehrkanal-Videoinstallation, eine Reihe von Mixed-Media-Arbeiten und ein Zine mit uigurischen Künstler:innen und Dichter:innen. Zusätzlich zu den Aufnahmen, die wir 2017 gemacht haben, umfasst das Quellenmaterial Nachrichten, Videos in sozialen Medien, geleakte Lageraufnahmen, Interviews mit Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen, Reisedokumente, Tourismuswerbung, staatliche Propaganda und Videos von Tourist:innen.
China bewirbt das globale Infrastrukturprojekt „Belt and Road Initiative“ als Zukunftvision des gemeinsamen Wohlstands und der Inklusion für ganz Zentralasien. Was wir auf der Zugfahrt von Europa nach Peking gefilmt haben, widerspricht den irreführenden Bildern des „chinesischen Traums“. Die Beweise für die allgegenwärtige KI-Überwachung, die militärische Besatzung, die Verletzung von Landrechten, die Auslöschung ethnischer und religiöser Minderheiten und die Zwangsarbeit im Dienste der chinesischen Expansion sind Aspekte, die wir auf unserer ersten und letzten Reise im Jahr 2017 schockiert feststellen mussten. Das Jahr 2017 ist insofern von Bedeutung, als dass zu dieser Zeit „Umerziehungslager“ gebaut wurden und Uiguren in großer Zahl zu verschwinden begannen. In Ostturkestan, in China auch als Xinjiang bekannt, eine der drei „autonomen Regionen“, die die Kommunistische Partei 1949 annektiert hat (neben Tibet und der Inneren Mongolei), boomt der Inlandstourismus. In der Zwischenzeit werden über eine Million einheimischer Uiguren willkürlich in Umerziehungslagern inhaftiert und gefoltert, zur Arbeit in Arbeitslagern gezwungen und Kinder in staatliche Waisenhäuser verbracht.
Die Uiguren leben in Angst, müssen aber so tun, als sei alles in Ordnung, da der kleinste Akt des Widerstands bestraft wird. Wir haben dokumentiert, wie es ist, unter Überwachung zu reisen, und die Dissonanz der „kulturellen Darbietungen“ der Uiguren für Tourist:innen.
Die Ironie des Besuchs alter Ruinen an einem Ort, an dem die Regierung aktiv uigurische Wahrzeichen, Häuser und Kultur zerstört, wird hervorgehoben. Während der gesamten Reise fügen wir unsere introspektiven Beobachtungen in diese Bilder ein, indem wir sie mit Voice-over und Untertiteln unterlegen und uns langsam bewusst machen, auf welche Weise wir an dem weltweiten Schweigen über den Völkermord an den Uiguren beteiligt sind.
Dieses Projekt verfolgt einen autoethnografischen Ansatz - eine Mischung aus Autobiografie und Ethnografie, bei der die persönliche Erzählung im Mittelpunkt der Analyse steht. Es erkennt unsere Position als Außenseiter an und untersucht, wie wir andere Kulturen im Verhältnis zu uns selbst sehen.
Formal bietet das Werk eine antiimperiale Vision der Paradigmen der Darstellung des „Anderen“. Es ist eine lyrische Introspektion und poetische Beobachtung darüber, wie wir andere Kulturen im Verhältnis zu uns selbst sehen. Es kritisiert dokumentarische Traditionen und fordert unsere visuelle Kompetenz in unserem gegenwärtigen Zustand der Medienzensur und Propaganda heraus.